Der Eisvogel (Alcedo atthis)
- Vagabundo
- 22. Dez. 2023
- 7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4. Juli
Der Eisvogel (Alcedo atthis) ist ein kleiner, farbenprächtiger Vogel, der vor allem durch sein leuchtend blaues und orangefarbenes Gefieder beeindruckt. Er ist in Europa, Asien und Nordafrika verbreitet und bevorzugt klare Flüsse, Seen und Teiche mit reichlich Fischbestand, den er als Hauptnahrung jagt. Der Eisvogel ist bekannt für seine außergewöhnlichen Tauchfähigkeiten, mit denen er blitzschnell ins Wasser eintaucht, um seine Beute zu fangen. Trotz seiner zierlichen Erscheinung ist er ein faszinierender und charmanter Vertreter der Vogelwelt, der durch seine Schönheit und sein spezielles Verhalten viele Naturbeobachter begeistert.

1. Morphologie & Gefieder
Größe & Gewicht: 16–18 cm Körperlänge (etwas größer als ein Sperling), Flügelspannweite 23–25 cm, Gewicht 35–45 g.
Gefiederfarben:
Rücken & Flügel: Irisierend kobaltblau bis türkis, abhängig vom Lichteinfall; ein leuchtend blauer Streifen entlang der Rückenmitte.
Brust & Bauch: Rostrot bis orangebraun.
Kopfzeichnung: Weiße Kehle und Halsseitenflecken, rotbraune Ohrdecken, blaugrüner "Bartstreif".
Geschlechtsdimorphismus:
Männchen: Ganz schwarzer Schnabel.
Weibchen: Orangefarbene Basis am Unterschnabel.
Jungvögel:
Dumpferes Gefieder, dunkelbraune Beine (statt leuchtend orange), kürzerer Schnabel mit weißer Spitze.
2. Jagdverhalten & Nahrung
Nahrungsspektrum:
Hauptbeute/Nebenbeute/Kleinfische (4–10 cm)Wasserinsekten, Kaulquappen, Elritzen, Stichlinge, Kleinkrebse, Molche1
Täglicher Bedarf: 15–30 g (ca. 5–10 Fische).
Jagdtechnik:
Stoßtauchen: Von einer Sitzwarte (1–2 m über Wasser) stürzt er kopfüber ins Wasser, beschleunigt mit Flügelschlägen und taucht bis 60 cm tief.
Bremstechnik: Unter Wasser spreizt er Flügel und Beine, um die Beute zu greifen.
Bearbeitung: Fische werden an Ästen totgeschüttelt und mit dem Kopf voran verschluckt

3. Lebensraum & Verbreitung
Kernhabitat: Klare, fischreiche Fließ- und Stillgewässer mit:
Sitzwarten (Äste, Schilf).
Steilufern (≥50 cm Höhe) für Brutröhren.
Verbreitung:
Europa: Bis 60. Breitengrad (fehlt in Alpen, Nordschweden).
Deutschland: 4.500–7.000 Brutpaare, Schwerpunkt in Mittelgebirgen (z. B. Oberpfalz, Donau).
Klimatoleranz: Standvogel, der selbst bei Eis an eisfreien Stellen jagt – strenge Winter verursachen jedoch Bestandseinbrüche.
4. Fortpflanzung & Brutbiologie
Brutzeit: Februar–August, bis zu 3 Bruten/Jahr möglich.
Nistplatz: Selbstgegrabene Röhre (40–100 cm lang) in Steilufern oder Wurzeltellern, mit Nestkammer (Ø 15 cm).
Brutzyklus:
Gelege: 6–7 weiße Eier.
Bebrütung: 18–21 Tage durch beide Partner.
Nestlingsdauer: 23–27 Tage.
Besonderheiten:
Schachtelbruten: Weibchen beginnt zweite Brut, während Männchen Jungvögel der ersten füttert.
Futterkarussell: Jungvögel rotieren in der Höhle, um gleichmäßig gefüttert zu werden.
5. Lautäußerungen
Ruf: Scharfer Pfiff ("tji" oder "zii") im Flug.
Erregungsruf: Gedehntes "tjii" oder gereihtes "khrit-rit-rit".
Balzgesang: Rhythmische Aneinanderreihung von Rufen

6. Gefährdung & Schutz
Bedrohungen:
Habitatverlust: Kanalisierung von Flüssen, Zerstörung von Steilufern.
Verschmutzung: Nährstoffeintrag (Eutrophierung) trübt Gewässer, reduziert Fischbestand.
Klima: Strenge Winter mit Vereisung.
Schutzmaßnahmen:
Renaturierung von Ufern, Anlage künstlicher Steilwände.
Erhalt von Totholz (Sitzwarten), Reduktion von Pestiziden.
7. Kulturelle & ökologische Bedeutung
Volkstümliche Namen: "Fliegender Edelstein", "Eisenvogel" (bezogen auf stahlblaue Federn).
Ökologische Rolle: Bioindikator für saubere Gewässer – sein Vorkommen signalisiert hohe Wasserqualität.
Mythologie: In Sagen als Himmelsbote Noahs, dessen Gefieder sich beim Flug zum Himmel blau färbte.
8. Vergleich mit anderen Arten
Merkmal | Eisvogel | Schwarzspecht | |
Lebensraum | Gewässerufer | Alte Wälder mit Totholz | |
Schlüsselrolle | Indikator für Wasserqualität | Schafft Höhlen für Nachmieter | |
Jagdtechnik | Stoßtauchen | Hacken an Baumrinde |
9. Physiologische Anpassungen
Augen: Nickhaut schützt beim Tauchgang.
Schnabel: Dolchartig geformt für präzises Zupacken.
Federn: Wasserabweisendes Gefieder durch spezielle Fettstruktur.
Zusammenfassend ist der Eisvogel ein ökologisches Juwel, dessen Überleben von klaren Gewässern, natürlichen Ufern und menschlichem Schutz abhängt. Sein schillerndes Blau symbolisiert nicht nur Schönheit, sondern auch die Gesundheit unserer Flüsse und Seen

Der Eisvogel (Alcedo atthis) ist ein hochspezialisierter Fischjäger, dessen Nahrung und Jagdverhalten eng an klare Gewässer gebunden sind.
1. Hauptnahrung: Kleinfische
Fischarten: Bevorzugt werden Fische von 4–10 cm Länge (z. B. Elritzen, Stichlinge, Plötzen, junge Barsche). In Ausnahmefällen erbeutet er auch Fische bis 12 cm (schlanke Arten) oder sogar junge Welse.
Tagesbedarf: 15–30 g (entspricht 5–10 Fischen täglich), um Energieverluste durch Tauchgänge auszugleichen.
Verdauung: Fische werden stets mit dem Kopf voran verschluckt, um Verletzungen durch Schuppen/Flossen zu vermeiden. Unverdauliche Reste (Gräten, Schuppen) werden als Gewölle ausgewürgt.
2. Ergänzende Beutetiere
Neben Fischen ergänzt der Eisvogel seinen Speiseplan mit:
Wasserinsekten (Libellenlarven, Wasserkäfer).
Amphibien: Kaulquappen, junge Frösche.
Kleinkrebse und Mollusken (Schnecken).
3. Jagdtechnik: Präzises Stoßtauchen
Sitzwarte: Lauert auf Ästen 1–2 m über dem Wasser (selten bis 5 m). Entscheidend ist freie Sicht auf Beute unter der Oberfläche.
Sturzflug: Kopführer-Sprung mit bis zu 25 km/h, gefolgt von Flügelschlägen zur Beschleunigung. Unter Wasser bremsen ausgebreitete Flügel und Beine den Vortrieb.
Treffsicherheit: Dank adaptiver Sehschärfe korrigiert er automatisch die Lichtbrechung an der Wasseroberfläche (Fische erscheinen näher als sie sind).
Misserfolgsrate: Nur ca. 50 % der Tauchgänge sind erfolgreich

4. Beuteverarbeitung
Nach dem Fang:
Transport: Rückflug zur Sitzwarte mit Fisch im Schnabel.
Betäubung: Schlagen der Beute gegen Äste, um sie zu töten und Flossen/Schuppen zu glätten.
Positionierung: Drehen des Fisches für kopffirstes Verschlucken. Bei großen Fischen kann dies Minuten dauern.
5. Nahrungsprobleme im Winter
Empfindlichkeit: Bei vereisten Gewässern verhungert der Eisvogel binnen 1–2 Tagen, da er kaum auf alternative Nahrung umstellen kann.
Hilfsmaßnahmen:
Eisfreie Löcher schaffen: Aufhacken von Eisdecken (mit Vorsicht!).
Künstliche Futterstellen: Schalen mit lebenden Kleinfischen (z. B. Stinten) anbieten – jedoch nur bei eisfreiem Wasser wirksam.
6. Ökologische Bedeutung
Der Eisvogel gilt als „Bioindikator“: Sein Vorkommen signalisiert saubere, fischreiche Gewässer. Verschmutzung oder Trübung des Wassers reduzieren seine Jagderfolge drastisch.
Besonderheit: Farbtarnung
Sein schillerndes Gefieder dient der Tarnung:
Von oben verschmilzt das Blau mit dem Wasser.
Von unten gleicht die Rostrotfärbung lehmigen Uferböden.
Zusammenfassend ist der Eisvogel ein perfektionierter Fischspezialist, dessen Überleben von klaren Gewässern, Sitzwarten und intakten Steilufern abhängt. Winterhilfen wie eisfreie Jagdstellen können lokal Bestandseinbrüche abmildern
Die Brutzeit der Eisvögel (Alcedo atthis)
1. Zeitraum und Dauer
Hauptbrutzeit: März bis August, mit regionalen Unterschieden (in milden Regionen ab Februar möglich).
Bruthäufigkeit:
2–3 Bruten pro Saison sind typisch.
Ausnahme 2024: Ein Paar in Leipzig zog viermal erfolgreich Junge groß (19 Jungvögel) – ein Rekord.
Maximale Ausdehnung: Bei optimalen Bedingungen (reichlich Nahrung, stabile Ufer) sind Bruten bis September möglich.
2. Brutplatz und Nestbau
Nisttyp: Selbstgegrabene Brutröhren in Steilufern (Lehm, Sand, Erdwände) oder Wurzeltellern umgestürzter Bäume.
Röhrenmerkmale:
Länge: 50–100 cm, leicht ansteigend gegen Hochwasser.
Nestkammer: Am Ende der Röhre, Ø 15 cm, gepolstert mit Fischgräten.
Standort: Bevorzugt < 1 km vom Gewässer, Ausnahmen bis 2 km.
3. Brutbiologie im Detail
Gelege: 5–7 Eier (selten bis 9), reinweiß.
Bebrütung:
Dauer: 19–21 Tage, abwechselnd von beiden Partnern.
Schlupf: Asynchron – Jungvögel schlüpfen im Abstand von 1–2 Tagen.
Nestlingsphase:
Dauer: 23–27 Tage, Fütterung mit 5–10 Fischen/Tag pro Jungvogel.
Futterkarussell: Jungvögel rotieren in der Kammer, um gleichmäßig gefüttert zu werden

4. Schachtelbruten: Einzigartige Strategie
Ablauf:
Das Weibchen beginnt neue Brut, während das Männchen die vorherige Brut füttert.
Brutröhren liegen oft 500–600 m auseinander.
Vorteil: Ermöglicht bis zu 4 Bruten/Saison und kompensiert Winterverluste.
5. Gefahren und Störungen
Natürliche Risiken:
Hochwasser: Unterspülung der Brutröhren.
Prädatoren: Marder, Ratten, Greifvögel.
Menschliche Einflüsse:
Uferverbauungen: Zerstörung von Steilwänden.
Freizeitaktivitäten: Bootsverkehr, Angler, Hunde (Störung der Fütterung).
Grabenreinigung: Vernichtet Brutröhren bei zu früher Durchführung.
6. Schutzmaßnahmen
Künstliche Brutwände:
BirdLife Österreich schuf optimierte Steilufer an der Schwechat (lehmig-sandig, bewuchsfrei, 1 m über Wasserspiegel).
Regulierungen:
Leipzig: Bootsverbot am Floßgraben (März–September), nur Kajaks in Zeitfenstern (11–13, 15–18, 20–22 Uhr).
Pufferzonen: 20 m Abstand zu Ufern für Spaziergänger/Hunde.
Winterhilfe: Eisfreie Stellen schaffen, um Nahrungszugang zu sichern.

7. Physiologische Besonderheiten
Energiebedarf: Elternvögel fangen bis zu 100 Fische/Tag während der Jungenaufzucht.
Thermoregulation: Nestkammer bleibt bei konstant 28–32°C – isoliert durch Holzmehl/Erdmaterial.
Eisvogel-Brutzyklus im Überblick
Phase | Dauer | Aktivität |
Röhrengraben | 5–14 Tage | Beide Partner, Wechsel alle 15–30 Min 7 |
Bebrütung | 19–21 Tage | Wechsel im 2–4-Stunden-Takt 1 |
Nestlingszeit | 23–27 Tage | Fütterung alle 10–20 Min (6–17 Uhr) 8 |
Ausfliegen | Ab Tag 28 | Jungvögel verlassen Röhre, werden 3–5 Tage nachgefüttert 6 |
Zusammenfassend ist die Brutzeit der Eisvögel durch hohe Reproduktionsleistung geprägt, die jedoch auf intakte Gewässerökosysteme angewiesen ist: Steilufer, klare Gewässer mit Kleinfischbestand und minimale Störungen. Schutzprojekte wie künstliche Brutwände und regulierte Nutzungskonzepte (z. B. in Leipzig) zeigen, dass menschliche Eingriffe den Bruterfolg signifikant steigern können

Bestand vom Eisvogel
Der Eisvogel (Alcedo atthis) ist als Indikatorart für intakte Gewässerökosysteme von großer ökologischer Bedeutung. Sein Bestand unterliegt starken Schwankungen, insbesondere durch Witterungseinflüsse, zeigt jedoch in einigen Regionen stabilisierende Tendenzen dank gezielter Schutzmaßnahmen.

1. Aktuelle Bestandszahlen
Deutschland:
4.500–7.000 Brutpaare (Stand 2025), mit Schwerpunkten in Mittelgebirgsregionen wie der Oberpfalz und entlang der Donau.
Trend: Lokal stabil, aber stark abhängig von Winterhärten; strenge Winter können zu Verlusten von 50–90 % führen, die jedoch durch hohe Reproduktionsrate (2–3 Bruten/Jahr) oft binnen 1–2 Jahren kompensiert werden.
Europa:
Geschätzt 80.000–160.000 Brutpaare, mit stabilen Populationen in West- und Südeuropa, während osteuropäische Bestände rückläufig sind.
2. Gefährdungsfaktoren
Klimatische Extreme:
Wintervereisung: Blockiert Zugang zu Fischbeute; führt zu Massensterben (z. B. 2021: 60 % Rückgang in Ostdeutschland).
Sommerhochwasser: Zerstört Brutröhren in Steilufern (bis zu 70 % Nestverlust bei Extremereignissen).
Habitatverlust:
Uferverbauung: 50 % der natürlichen Steilufer in Deutschland sind verschwunden.
Gewässerverschmutzung: Trübung reduziert Jagderfolg; Pestizide vergiften Beutefische.
Menschliche Störungen:
Freizeitaktivitäten (Angler, Boote) nahe Brutplätzen führen zu Brutabbrüchen.

3. Schutzmaßnahmen & Erfolge
Künstliche Brutwände:
Projekte wie in Leipzig (Floßgraben) oder BirdLife Österreich (Schwechat) schaffen Ersatzhabitate mit >90 % Bruterfolg.
Gewässerrenaturierung:
Wiederherstellung natürlicher Uferstrukturen und Kleinfischbestände (z. B. NRW-Programm "Blaues Band").
Regulierungen:
Befristete Nutzungseinschränkungen: In Leipzig gilt März–September ein Bootsverbot, kombiniert mit Pufferzonen für Spaziergänger.
Winterhilfe:
Anlage eisfreier Stellen durch lokale Naturschutzgruppen (z. B. NABU) sichert Nahrungszugang.
4. Langfristige Prognose
Positive Entwicklungen:
Klimawandel: Mildere Winter begünstigen Überleben, aber steigende Hochwasserrisiken und Hitzestress für Jungvögel.
Ausbreitung nach Norden: In Südschweden neu angesiedelte Populationen (seit 2020).
Risiken:
Verinselung von Lebensräumen: Zerschneidung durch Infrastruktur reduziert Genfluss.
5. Ökologische Bedeutung als Indikatorart
Der Eisvogel spiegelt die Gesundheit von Gewässern wider:
Sein Vorkommen signalisiert hohe Wasserqualität und strukturreiche Ufer.
Fehlt er, weist dies auf Ökosystemdefizite wie Fischarmut oder Schadstoffbelastung hin.
Zusammenfassend ist der Eisvogel-Bestand in Deutschland fragil, aber durch gezielten Schutz (künstliche Brutwände, Gewässerschutz) stabilisierbar. Entscheidend sind der Erhalt dynamischer Flusslandschaften und die Reduktion von Störungen während der Brutzeit.

Steckbrief des Eisvogels
Name: Eisvogel
Lateinischer Name:Alcedo atthis
Klasse: Vögel
Ordnung: Rackenvögel (Coraciiformes)
Größe: 13-16 cm
Gewicht: 30-40 Gramm
Alter: 7-10 Jahre
Aussehen: bläuliches Gefieder
Ernährungstyp: überwiegend Fischfresser (Piscivor)
Nahrung: Amphibien, Fisch, Insekten, Weichtiere
Verbreitung: Asien, Europa, Nordafrika
Schlaf-Wach-Rhythmus: Tagaktiv
Lebensraum: stehende und langsam fließende Gewässer
Natürliche Feinde: Raubvögel, Fuchs, Marder
Paarungszeit: März
Brutzeit: 18-21 Tage
Gelegegröße: 3-7 Eier
Sozialverhalten: Einzelgänger
Vom Aussterben bedroht? Ja



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