Der Naturpark Schlei
- Vagabundo
- 1. Dez. 2023
- 7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 5. Juli
DER NÖRDLICHSTE NATURPARK DEUTSCHLANDS

Der Naturpark Schlei, Deutschlands nördlichster Naturpark, erstreckt sich über eine malerische Region in Schleswig-Holstein, die durch den 42 Kilometer langen Meeresarm Schlei geprägt ist. Dieser einzigartige Lebensraum vereint Süß-, Brack- und Salzwasserbereiche und schafft damit eine außergewöhnliche Artenvielfalt, die sich in den Schilfgürteln, Salzwiesen und umliegenden Kulturlandschaften widerspiegelt. Seit 2008 arbeiten 39 Gemeinden und zwei Landkreise gemeinsam daran, diese Natur- und Kulturlandschaft zu erhalten und nachhaltig zu entwickeln.

1. Herzstück: Die Schlei – Geografie und Entstehung
Geomorphologie: Die Schlei ist ein 42 km langer Meeresarm der Ostsee, der sich von Schleimünde bis Schleswig erstreckt. Sie entstand während der Weichsel-Eiszeit (115.000–11.000 v. Chr.) durch subglaziale Erosion von Schmelzwasser – kein klassischer Fjord, sondern eine glaziale Rinne (Tunneltal).
Hydrologie:
Brackwasser-Dynamik: Salzgehalt nimmt von außen (1,2–2,0 % bei Schleimünde) nach innen (0,4–0,8 % bei Schleswig) ab.
Charakteristische Landformen: Seenartige Erweiterungen wie Große Breite (4,2 km breit) und Kleine Breite (2,1 km breit), verbunden durch die Stexwiger Enge (280 m breit). Dazu kommen Noor-Seen (z. B. Haddebyer Noor, Selker Noor) als ökologische Übergangszonen.
2. Ökologische Einzigartigkeit: Lebensräume und Artenvielfalt
Biodiversitäts-Hotspot: Die Verzahnung von Süß-, Brack- und Salzwasser schafft einzigartige Habitate. Bedeutende Schutzgebiete umfassen:
FFH-Gebiet "Schlei incl. Schleimünde": Brut- und Rastplatz für Kiebitze, Rotschenkel und Zugvögel wie Gänse.
Salzwiesen: Lebensraum für seltene Pflanzen wie Salz-Bunge (Samolus valerandi) und Salz-Schuppenmiere (Spergularia marina).
Endemische Arten: Der Schleischnäpel (Coregonus maraena), ein Fisch aus der Familie der Lachsfische, ist eine biologische Besonderheit.
Herausforderungen: Eutrophierung durch Nährstoffeintrag führt im Sommer zu starker Algenblüte.

3. Kulturhistorische Schätze: Von Wikingern bis Barock
Wikinger-Erbe:
Haithabu: Bedeutendster Handelsplatz Nordeuropas (UNESCO-Weltkulturerbe seit 2018) mit Verbindung zum Danewerk. Die Schlei diente als Transportroute zwischen Nord- und Ostsee.
Runensteine und Siedlungen: Funde in Kosel, Füsing und bei Schloss Gottorf.
Nach-wikingerzeitliche Entwicklungen:
Schloss Gottorf (Schleswig): Frühe Neuzeitliche Residenz mit Barockgarten; der Burgsee wurde 1582 von der Schlei abgetrennt.
Historische Fischerei: Traditionelle Schleifischer im Schleswiger Stadtteil Holm.
4. Touristische Erschließung: Aktivitäten und Infrastruktur
Aktivitäten:
Wandern & Radfahren: Naturparkwanderweg (40 km von Maasholm nach Fleckeby), Wikinger-Friesen-Weg (kulturhistorischer Radweg).
Wassersport: Segelreviere (Große Breite), Kanutouren auf der Füsinger Au (15 km von Loit nach Füsing).
Besucherzentren:
Touristinformationen in Schleswig, Kappeln und Süderbrarup mit Kartenmaterial (z. B. Freytag & Berndt-Wanderkarte 1:50.000).
Naturerlebnisräume: Ziegelei Borgwedel, GalloWay Schleswig, Moostoft Ekenis.
Barrierefreiheit: Geführte Touren im Barfußpark, barrierearme Schleischifffahrten.
5. Nachhaltigkeit und Projekte
Naturschutzmaßnahmen:
Weideflächen-Renaturierung: Zur Wiederherstellung von Salzwiesen.
Kleingewässer-Anlagen: Förderung von Amphibien und Insekten.
Bildungsinitiativen:
Naturpark-Schulen: Zertifizierung der Grundschule Karby (2023).
"Naturpark-Knigge": Umweltbildung zur Besucherlenkung (Biologin Andrea Rudolph).
Klimaschutz: Studie zur Renaturierung des Tolker Moores.
6. Geologie im Detail: Eiszeitliche Prägung
Die Landschaft ist ein Archiv der Erdgeschichte:
Eiszeitliche Ablagerungen: Grund- und Endmoränen, Schmelzwassersande und Bändertone (z. B. bei Borgwedel).
Reliefbildung: Stauchungen des Untergrunds durch Gletschervorstöße formten Endmoränenzüge (bis 60 m hoch bei Schleswig) und Tunneltäler (z. B. Haddebyer Noor-Rinne).
Postglaziale Entwicklung: Landsenkung in Schleswig-Holstein führte zur Überflutung der Schlei-Rinne vor ~8.000 Jahren.
Zusammenfassung: Kernmerkmale des Naturparks
Aspekt | Charakteristika |
Geografie | 42 km langer Brackwasser-Arm, glaziale Rinne (kein Fjord!), Noor-Seen |
Ökologie | FFH-Schutzgebiete, Salzwiesen, Brutvögel, Schleischnäpel |
Kultur | Haithabu (UNESCO), Danewerk, Schloss Gottorf, Wikinger-Friesen-Weg |
Aktivitäten | Segeln, Kanufahren, Radfernwege, Naturbadestrände |
Nachhaltigkeit | Renaturierung von Mooren, Naturpark-Schulen, "Naturpark-Knigge" |
Die Schlei-Region ist ein "Lehrbuch der Eiszeitgeologie" und ein kultureller Schmelztiegel – ideal für Besucher, die Natur, Geschichte und nachhaltigen Tourismus verbinden möchten. Weitere Infos: Naturpark Schlei
Die Schlei
Die Schlei ist ein malerischer, fjordähnlicher Meeresarm in Schleswig-Holstein, der sich über 42 Kilometer von der Ostsee bei Schleimünde bis nach Schleswig ins Landesinnere schlängelt. Als Übergangsgebiet zwischen Meer und Binnengewässern bietet sie ein einzigartiges Mosaik aus Süß-, Brack- und Salzwasserbereichen, das eine besondere Flora und Fauna hervorbringt.
Ihre ruhigen, von Schilfgürteln gesäumten Gewässer und die sanften Uferlandschaften machen die Schlei zu einem beliebten Revier für Segler, Kanuten und Angler. Historische Hafenstädtchen wie Kappeln und Arnis, malerische Reetdachdörfer und alte Gutshöfe säumen ihre Ufer und verleihen der Region ihren typisch norddeutschen Charme.
Besonders reizvoll ist der Wechsel der Landschaften entlang der Schlei: Während das Nordufer mit der Halbinsel Schwansen steile Ufer und Wälder aufweist, prägen das südliche Angeln weite Wiesen, sanfte Hügel und einsame Buchten. Die Schleimündung bei Maasholm und Schleimünde bildet ein wichtiges Vogelschutzgebiet, in dem zahlreiche Wasservögel wie Seeadler, Kormorane und verschiedene Entenarten beobachtet werden können.
Kulturell ist die Schlei-Region vor allem durch ihre Wikingergeschichte geprägt. Die UNESCO-Welterbestätten Haithabu und Danewerk bei Schleswig zeugen von der Bedeutung der Schlei als historischer Handelsplatz der Nordmänner. Heute laden gemütliche Hafenpromenaden, maritimes Flair und fangfrischer Fisch zu entspannten Stunden am Wasser ein.
Ob beim Wandern auf dem Naturpark-Wanderweg, beim Radeln entlang des Ostseeküsten-Radwegs oder beim Entdecken versteckter Badestellen – die Schlei verzaubert mit ihrer stillen Schönheit und bietet Erholung abseits des Massentourismus.

Die Landschaft des Naturparks ist äußerst abwechslungsreich und reicht von steilen Küstenabschnitten auf der Halbinsel Schwansen über sanfte Hügel in Angeln bis hin zu idyllischen Naturstränden und kleinen Buchten entlang der Schlei. Besonders charakteristisch sind die historischen Reetdachhäuser in den charmanten Dörfern und die gut erhaltenen Gutshöfe mit ihren weitläufigen Ländereien, die das Bild der Region prägen

Für Besucher bietet der Naturpark zahlreiche Möglichkeiten, die Natur zu erkunden. Dazu gehören gut ausgebaute Wander- und Radwege wie der 42 Kilometer lange Naturpark-Wanderweg oder der Ostseeküsten-Radweg, der entlang der Schlei führt. Auch vom Wasser aus lässt sich die Region mit Kanus, Segelbooten oder auf einer Schleischifffahrt entdecken. Besondere Highlights sind der Themenradweg Wikinger-Friesen-Weg, der historische Handelsrouten nachzeichnet, sowie die UNESCO-Welterbestätten Haithabu und Danewerk, die einen Einblick in die Wikingergeschichte bieten.
Der Naturpark ist nicht nur ein Paradies für Erholungssuchende, sondern auch ein wichtiger Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten. Salzliebende Pflanzen wie die Salz-Bunge oder die Salz-Schuppenmiere gedeihen in den Salzwiesen, während Vogelarten wie Kiebitze und Rotschenkel hier brüten. Auch Fischotter und der seltene Schleischnäpel, ein heimischer Fisch, sind in den Gewässern der Schlei zu finden.
Um die Schönheit der Region noch besser erlebbar zu machen, bietet der Naturpark digitale Themenpfade an, die mit einer App erkundet werden können. Diese führen zu besonderen Natur- und Kulturpunkten und vermitteln spannende Einblicke in die Region. Für Familien und Naturliebhaber gibt es zudem Naturerlebnisräume wie die Ziegelei Borgwedel oder das Naturerlebniszentrum Maasholm, die interaktive Angebote bereithalten.
Mit seiner Mischung aus unberührter Natur, historischen Stätten und vielfältigen Freizeitmöglichkeiten ist der Naturpark Schlei ein idealer Ort, um Ruhe zu finden und gleichzeitig die einzigartige Landschaft Schleswig-Holsteins zu entdecken.

Wikinger Handelssiedlung Haithabu
Die Wikinger-Handelssiedlung Haithabu (altnordisch Heiðabýr, dänisch Hedeby) war zwischen dem 8. und 11. Jahrhundert eines der bedeutendsten Handelszentren Nordeuropas und ein Schlüsselort der Wikingerkultur. Hier sind die wesentlichen Aspekte dieser faszinierenden Stätte:
1. Gründung und strategische Lage
Haithabu wurde um 770 n. Chr. südlich der heutigen Stadt Schleswig an der Schlei gegründet, einem Meeresarm der Ostsee. Seine Lage war ideal: Es verband wichtige Handelsrouten zwischen Nord- und Ostsee sowie zwischen Skandinavien, dem Baltikum und Westeuropa. Durch die Nähe zum Ochsenweg (einer historischen Landroute) und die Möglichkeit, Schiffe über kurze Landstrecken zwischen Flüssen zu ziehen, wurde Haithabu zum Drehkreuz des Fernhandels.
2. Blütezeit als Handelsmetropole
Im 10. Jahrhundert erreichte Haithabu seine Blüte mit 1.500–2.000 Einwohnern. Die Siedlung war bekannt für:
Internationalen Handel: Waren wie arabische Silbermünzen, byzantinische Seide, irisches Glas und skandinavische Pelze wurden gehandelt. Eigenes Münzgeld wurde ab 825 geprägt 34.
Handwerkskunst: Glasperlen, Schmiedearbeiten und Holzhandwerk florierten. Archäologische Funde belegen auch Sklavenhandel.
Multikulturelles Leben: Christen, Heiden und sogar muslimische Händler (wie der arabische Reisende Ibrahim ibn Yaqub, der 965 die Stadt beschrieb) trafen hier aufeinander.
3. Politische Wechsel und Zerstörung
Haithabus Geschichte war geprägt von Machtkämpfen:
Dänische, schwedische und deutsche Herrschaft: Die Stadt wechselte mehrfach zwischen dänischen Königen (wie Harald Blauzahn), schwedischen Wikingern und dem Heiligen Römischen Reich (unter Kaiser Otto II.).
Niedergang: 1050 wurde Haithabu vom norwegischen König Harald Hardrada niedergebrannt, 1066 endgültig durch slawische Angriffe zerstört. Die Bewohner zogen nach Schleswig, das zur Nachfolgesiedlung wurde.
4. Archäologische Wiederentdeckung
Nach Jahrhunderten des Vergessens begannen 1900 systematische Ausgrabungen. Spektakuläre Funde umfassen:
Schiffswracks: Ein 1979 geborgenes Wikingerschiff im Hafenbereich.
Runensteine und Alltagsgegenstände: Wie die berühmte Glocke von Haithabu (10. Jh.).
Rekonstruierte Häuser und Landebrücken: Im Freilichtmuseum zeigen sie das dichte Siedlungsbild.
5. UNESCO-Welterbe und heutige Bedeutung
Seit 2018 sind Haithabu und das benachbarte Danewerk (eine Grenzbefestigung) UNESCO-Weltkulturerbe. Das Wikinger Museum Haithabu bietet:
Originalfunde: Von Schmuck bis zu Werkzeugen.
Lebendige Geschichte: Bei Veranstaltungen wie Wikingermärkten werden Handwerkstechniken vorgeführt.
Digitale Themenpfade: Zur Erkundung der historischen Landschaft.
Fazit
Haithabu war mehr als eine Handelsstadt – es war ein kultureller Schmelztiegel und Symbol der Wikingerzeit. Seine Überreste ermöglichen heute einzigartige Einblicke in das Leben vor 1.000 Jahren. Besonders die Kombination aus Museum und Freilichtgelände macht den Ort zu einem Muss für Geschichtsinteressierte.
Tipp: Wer mehr über die archäologischen Funde erfahren möchte, findet im Online-Shop des Museums Repliken wikingerzeitlicher Artefakte

Die Kappelner Klappbrücke
Die Kappelner Klappbrücke ist eine der bedeutendsten technischen und verkehrstechnischen Sehenswürdigkeiten in Schleswig-Holstein. Sie überspannt die Schlei und verbindet die Regionen Angeln und Schwansen. Hier sind die wichtigsten Aspekte dieser beeindruckenden Brücke:
1. Technische Details und Funktion
Die heutige Schleibrücke ist eine zweiflügelige Doppelklappbrücke, die 2002 fertiggestellt wurde. Sie ist etwa 200 Meter lang und 24 Meter breit mit vier Fahrspuren (zwei pro Fahrtrichtung) sowie separaten Wegen für Fußgänger und Radfahrer. Die Klappen werden elektrohydraulisch betrieben und öffnen sich für den Schiffsverkehr, wobei der gesamte Vorgang nur etwa zwei Minuten dauert.
2. Geschichte der Brücke
1867–1927: Die erste Brücke war eine Pontonbrücke auf 18 Schwimmkörpern, die jedoch anfällig für Witterungsschäden war und nur begrenzte Tragfähigkeit besaß. Eisenbahnwagen mussten sogar von Pferden gezogen werden.
1927–2002: Eine Drehbrücke ersetzte die Pontonbrücke und konnte erstmals schwere Lokomotiven tragen. Doch mit zunehmendem Verkehr wurde auch sie den Anforderungen nicht mehr gerecht.
Seit 2002: Die moderne Klappbrücke wurde gebaut, um dem heutigen Verkehrsaufkommen gerecht zu werden und bietet eine zuverlässige Verbindung für Autos, Radfahrer und Schiffe.
3. Öffnungszeiten und Verkehrsregelung
April bis Oktober: Die Brücke öffnet stündlich von 5:40 bis 21:40 Uhr für maximal 15 Minuten.
November bis März: Reduzierte Öffnungszeiten von 7:40 bis 17:40 Uhr.
Die Öffnung erfolgt auf Anfrage und ist ein beliebtes Schauspiel für Touristen, da der Verkehr kurz unterbrochen wird und die Schiffe passieren können.
4. Bedeutung für Tourismus und Region
Die Brücke ist nicht nur eine wichtige Verkehrsader für die Bundesstraße, sondern auch ein Touristenmagnet. Besucher schätzen den Panoramablick auf die Schlei und die charmante Hafenstadt Kappeln. Zudem ist das Öffnen der Brücke ein spektakuläres Ereignis, das viele Zuschauer anzieht.
5. Aktuelle Entwicklungen und Wartungsarbeiten
2022 gab es kurzzeitige Bauarbeiten aufgrund von Problemen mit den Hydraulikzylindern. Gelegentlich wird auch neue Technik getestet, was zu vorübergehenden Verkehrseinschränkungen führen kann.
Fazit
Die Kappelner Klappbrücke ist ein gelungenes Beispiel für moderne Ingenieurskunst, die historische Notwendigkeit und heutige Anforderungen vereint. Sie ist nicht nur ein funktionales Bauwerk, sondern auch ein Symbol für die Verbindung zwischen Tradition und Fortschritt in der Schleiregion. Ein Besuch lohnt sich besonders zur Öffnungszeit, um das mechanische Wunderwerk in Aktion zu erleben

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